Der Frühling lässt dieses Jahr zwar lange auf sich warten, doch wer sich nach Farbenfrohem sehnt, wird zumindest in den Schaufenstern der Modeketten fündig: Dort wartet bunte Frühlingskleidung auf Käufer, Schuhläden locken mit neuen Modellen und luftige Stoffe ersetzen schwere Winterwolle. Doch warum lässt ein bestimmtes Kleidungsstück oder eine spezielle Modemarke unser Herz höher schlagen? Allein an der Optik oder der Passform liegt das nicht: Beim Einkaufen – nicht nur von Kleidung – spielen Emotionen eine wichtige Rolle, auch wenn sie uns oftmals gar nicht bewusst sind. Was verbinden wir mit einer Marke? Was versprechen wir uns von ihr? Warum zieht es uns in ein bestimmtes Geschäft, während wir ein anderes ganz selbstverständlich links liegen lassen?
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Die Antwort auf diese Fragen liefert das Instrument Customer Brand Relationship (CBR) der GfK, das die Beziehungen zwischen Verbrauchern und bestimmten Marken analysiert und so erfasst, wie stark eine Marke über den gesamten Kaufentscheidungsprozess (Costumer Journey) hinweg tatsächlich ist. Denn das Bild, das wir von einer Marke haben, ist keineswegs statisch: Eine gelungene Kundenansprache mit einem witzigen Werbespot beispielsweise kann eine bislang unbekannte Marke zum Renner in ihrer Zielgruppe machen. Andererseits aber vermag es eine negative Berichterstattung ebenso, Teile der Käuferschicht in die Flucht zu schlagen. Diese Aspekte fließen beim CBR ebenso mit ein wie veränderte Interessen oder Emotionen der Kunden. Um das komplexe und sich stetig veränderte Verhältnis zwischen Mensch und Marke zu ermitteln, zieht CBR die Parallele zu zwischenmenschlichen Kontakten: Ebenso, wie uns unser Gegenüber fremd oder vertraut, ein Feind oder ein verlässlicher Freund sein kann und sich diese Beziehungen im Laufe eines Lebens ändern, können auch Marken freundlich oder feindlich auf uns wirken, Bewunderung oder auch Abneigung in uns wecken. (Eine ausführliche Darstellung zum Instrument CBR lesen Sie hier)
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Von anstrengenden Affären und bewunderten Freunden
Für den deutschen Modemarkt sind sieben Beziehungsmuster relevant, wie die Befragung von rund 1.200 Verbrauchern ergab. Das Verhältnis zwischen Mensch und Marke wird im positiven Fall demnach gleichgesetzt mit einer festen, tiefgehenden Beziehung oder einem bewunderten Freund. Steht der Verbraucher der Marke relativ neutral gegenüber, ist sie für ihn einfach nur fremd, eine Zufalls- oder eine flüchtige Bekanntschaft. Wer ein Label dagegen negativ einschätzt, assoziiert es oftmals mit einer enttäuschenden, nervigen Affäre oder sogar einer Hassliebe. Jedes Beziehungsmuster bringt dabei mehrere Eigenschaften (wie beispielsweise unbedeutend, bedeutend, oberflächlich, intensiv, unfair, ehrlich)zum Ausdruck.
Abercrombie & Fitch: Kennen wir uns?
Nach diesem Schema beurteilten die Befragten das US-amerikanische Unternehmen Abercrombie & Fitch, die schwedische Modekette H&M, den Spanier Zara, den Discounter Kik sowie die Modehäuser Peek & Cloppenburg und C&A. Vor allem Abercrombie & Fitch wird demnach noch überwiegend als Fremder wahrgenommen – obwohl der Markteintritt 2011 in Düsseldorf mit gutgebauten Männermodels und viel nackter Haut gefeiert wurde und so für reges Presseecho sorgte. Aktuell ist das Unternehmen in Deutschland nur mit drei Niederlassungen vertreten – so verwundert es kaum, dass Abercrombie & Fitch den Verbrauchern kaum vertraut ist. Neben der Marke mit dem Elch rangiert auch das Modelabel Zara unter den Fremden recht weit vorne – allerdings wird die Marke von ähnlich vielen Menschen auch als bewunderter Freund wahrgenommen: In diesem positiv besetzten Segment landet Zara sogar nur knapp hinter Spitzenreiter H&M.
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C&A: Gewachsenes Vertrauen
Eine feste, tiefgehende Beziehung zum Kunden konnte vor allem C&A aufbauen. Die Modemarke wird am häufigsten mit diesem Beziehungsmuster in Verbindung gebracht, gefolgt von H&M und – mit deutlichem Abstand – Peek & Cloppenburg. Letzerer wird vergleichsweise häufig auch nur als Zufallsbekanntschaft bewertet: Ein Zeichen dafür, dass hier in Sachen Kundenbindung noch „Luft nach oben“ bleibt. Darüber dürften sich auch die Verantwortlichen des Discounters Kik Gedanken machen. Ihre Marke rangiert im Negativ-Segment „Hassliebe“ mit Abstand an erster Stelle. Verschiedene Werbekampagnen mit dem Testimonial Verona Pooth oder Fußball-Sponsoring-Aktivitäten konnten das eher negativ geprägte Image der Marke offenbar nicht ganz ausräumen. Zu sehr fallen hier vermutlich Skandale über ausgespähte Arbeitnehmer, Lohndumping und schlechte Zustände in den Zulieferbetrieben ins Gewicht.
Im Segment flüchtige Bekanntschaft liegen die untersuchten Marken dagegen nahezu gleichauf und erreichen alle moderate Werte. Und auch darüber, dass „ihre“ Marke das Image einer nervigen Affäre hat, müssen sich die Marketingstrategen der Modehäuser kaum Sorgen machen: Dieses Zeugnis stellten die Befragten allen in der Studie untersuchten Marken am seltensten aus.
H&M: Familiäre Gefühle
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Das Verhältnis zwischen Konsument und Marke lässt sich noch detaillierter darstellen. Eine feste, tiefgehende Beziehung kann schließlich viele Facetten haben: Solche Verbindungen kommen im Freundeskreis, in der Liebe oder der Familie vor. Was dieses Segment betrifft, so zeigen die Beispiele C&A und H&M durchaus Unterschiede: Während C&A häufiger als alter Freund wahrgenommen wird, sehen die Deutschen H&M eher als Familienmitglied (Bruder oder Schwester). Mit einem „Alten Freund“ verbindet man hierbei vor allem eine warme, ehrliche und freiwillige Beziehung, die auf Respekt und Vertrauen basiert und daher wenig rational ist. Das Verhältnis zu einem Familienmitglied ist ebenso emotional warm, doch intensiver und bedeutender und mit einem höheren Grad an eigenen Investitionen verbunden. Die Marke H&M weist demnach eine engere emotionale Kundenbindung auf als die des Konkurrenten C&A, wenngleich der Kunde damit auch viele schöne und emotionale Momente erlebt hat. Die Beziehung zur eigenen Familie ist jedoch zumeist tiefer, länger und bedeutsamer als die zu einem alten Freund.
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Gleiches gilt für das Negativ-Segment Hassliebe: Unter diesem Schlagwort versammeln sich Gefühle, wie sie Menschen ihrem Ex-Partner entgegenbringen ebenso wie solche, die sie gegenüber wirklichen Feinden empfinden. Und auch die vergleichsweise harmlose „nervige Bekanntschaft“ fällt in dieses Segment. Kik wird besonders häufig mit einer solchen nervigen Bekanntschaft verglichen und ruft zudem bei auffällig vielen Kunden das Gefühl tatsächlicher Feindschaft hervor. Im Gegensatz dazu werden H&M, C&A oder Peek & Cloppenburg im Negativsegment eher als frühere Freunde gesehen. Hier ist eine einst gute Beziehung zu so manchem Kunden offenbar in die Brüche gegangen.
Aus diesen Ergebnissen lassen sich für die Unternehmen wichtige Erkenntnisse ableiten, wie sie ihre Marke stärken können und beispielsweise den Sprung vom flüchtigen Bekannten zum guten Freund schaffen. Der Blick auf den deutschen Modemarkt zeigt, dass innerhalb ausgewählter Stufen der Consumer Journey (z.B. in Erwägung gezogene Marken und Kauf) ganz unterschiedliche Beziehungsmuster vorliegen. So ist beispielsweise der Anteil der „Kumpel“ und damit der engeren Beziehungen bei den tatsächlichen Käufern der Marke höher als bei jenen, die gerade einmal eine Vorauswahl getroffen haben. Hier überwiegen flüchtige oder Zufallsbekanntschaften – diese haben eine geringere Chance, gekauft zu werden.
Wie aus Affären feste Beziehungen werden
Daher ist es wichtig, oberflächliche Beziehungsmuster in festere Bindungen zu überführen. Doch wie gelingt das? Hier sind sogenannte Treiberanalysen von großer Bedeutung, die verdeutlichen, welche Aktivitäten zu welchem Zeitpunkt für welchen Kunden am passendsten sind. Im Modemarkt zeigen diese Analysen beispielsweise, dass bestimmte Services und Leistungen, die auf den – schon freundschaftlich verbundenen – Kunden zugeschnitten sind, das Vertrauen vertiefen: Wer diesem „Freund“ anbietet, eigene Designs zu kreieren, ihn mit Passgenauigkeit überzeugt oder persönliche Details in Datenbanken hinterlegt, ist auf dem besten Weg, aus der Freundschaft eine noch engere Beziehung zu machen. Um dagegen den Sprung von einer kurzen „Affäre“ zu einer freundschaftlichen Beziehung zu meistern, muss erst einmal der Kontakt intensiviert werden – die Marke muss den Kunden häufiger treffen, um ihn besser kennenzulernen. Hier sind Events oder Apps, die die Kommunikation intensivieren, gute Möglichkeiten. Umgekehrt lassen sich mit Hilfe von Treiberanalysen auch Barrieren herausfiltern, die einer engeren Beziehung zum Kunden entgegenstehen.
Wer seine Marke zum besten Freund des Kunden machen will, muss also gezielt auf die individuellen Wünsche eingehen und dabei berücksichtigen, dass der Kunde im Laufe seiner persönlichen „Costumer Journey“ verschiedene Bedürfnisse entwickelt. Wer das berücksichtigt, hat gute Chancen, dass mit den ersten Sonnenstrahlen das eigene Label durch die Straßen getragen wird.
Datenquelle: GfK SE (CBR Forschungsprojekt).
Für Rückfragen zu diesem Artikel stehen Ihnen Alexandra Stein () und Oliver Hupp () zur Verfügung.
Für alle weiteren Fragen zu GfK Compact steht Ihnen Claudia Gaspar vom GfK Verein zur Verfügung: Tel. , E-Mail:
April 2013
Hier finden Sie diese und weitere Charts zum Download (ca. 0.54 MB)Hier finden Sie eine ausführliche Beschreibung von CBR. (ca. 0.15 MB) Seite drucken