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BITKOM / Datenschutz

2014

Herr Professor Kempf, Sie sind nicht nur Präsident des BITKOM, sondern auch Beirat des Vereins „Deutschland sicher im Netz“, dessen Ziel unter anderem die Aufklärung von Internetnutzern zum Thema IT-Sicherheit ist. Wo sehen Sie mit Blick auf das Wissen um den Datenschutz noch den größten Aufklärungsbedarf?

Bei diesem Thema geht es immer um 3 Spieler: den Staat, der den rechtlichen, gesetzlichen Rahmen schaffen muss, die Unternehmen, die transparent machen müssen, was ihre Dienstleistungen mit den Daten der Kunden genau machen und die Verbraucher, die mündig und kundig sein müssen. Dieser mündige Verbraucher steht auch im Mittelpunkt der Aktivitäten von „Deutschland sicher im Netz“. Die Nutzer müssen verstehen, was Begrifflichkeiten wie zum Beispiel „Ortungsfähigkeit“ bedeuten. Für die einen sind solche Geodienste, die den Standpunkt eines Nutzers ermitteln und an den Anbieter weiterleiten, vorteilhaft. Z.B. wenn gerade Mittagszeit ist, und mir dann eine gute Pizzeria um die Ecke empfohlen wird. Aber nicht jeder sieht das als Vorteil und will so eine Ortung haben.

Gibt es aus Ihrer Erfahrung ein paar einfache Regeln, nach denen sich Privatverbraucher im Umgang mit Ihren Daten im Internet richten sollten?

Die Grundregel Nummer 1 heißt: Orientiere Dich im Umgang mit Deinen Daten am analogen Leben. Gehe mit Deinen Daten im Internet nicht anders um, als im echten Leben. Ich kenne niemanden, der sich auf den Hauptmarkt stellt und verkündet, was er gestern Abend gegessen hat. Aber im Internet – in den sozialen Netzwerken – passiert das ständig. Und viele finden das ganz normal. Mein Rat wäre also: Versuche Deine Handlungsweise im digitalen Leben an der des analogen Lebens auszurichten.

Grundregel Nummer 2 heißt: Orientiere Dich beim Thema Sicherheit ebenfalls am analogen Leben. Wir alle stellen im analogen Leben Überlegungen zur Sicherheit an. Wir gehen beispielsweise nur bei Grün über die Ampel und nachts nicht unbedingt durch den Stadtpark. Jeder hat diesbezüglich seine Heuristiken und Verhaltensweisen mit der eigenen Sicherheit umzugehen. Das bedeutet natürlich einen Verlust an Bequemlichkeit und mehr Aufwand. Genauso ist es im Netz. Hohe Sicherheit geht zu Lasten von Bequemlichkeit und bedeutet auch Kosten. Dazu ein Beispiel: je länger und komplizierter ein Passwort, desto sicherer. Es ist aber nicht unbedingt bequem sich ein alphanummerisches Passwort mit 9 Stellen zu merken. Zu diesem Thema gibt es übrigens – noch aus meiner Zeit als Vorstandsvorsitzender beim Verein „Deutschland sicher im Netz“ – einen kurzen Film, wie man sich lange Passworte merken kann. Unter dem Titel „sicheres Passwort“ zeigt er auf charmante und spielerische Art und Weise wie ein junger Mann sich anhand des Namens und der BH-Körbchengröße seiner Freundin ein Passwort mit Mix aus Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen einprägt.

Würden Sie unseren Lesern verraten, was Datenschutz für Sie persönlich bedeutet?

Ich persönlich halte den Schutz personenbezogener Daten für ein wichtiges Gut unserer Zivilgesellschaft. Bei der Grenzziehung bin ich allerdings nonchalanter als es großenteils in Deutschland diskutiert wird. Ein konkretes Beispiel: Ich habe mich vor kurzem im Internet nach Angeboten für Taucheruhren erkundigt, weil meine Uhr im Urlaub kaputt gegangen ist. In der Folge bekam ich im Internet immer wieder Sonderangebote für Taucheruhren angezeigt. Das könnte jemanden durchaus stören. Doch ich fand es in diesem Zusammenhang nicht schlimm, da die Angebote nicht an mich als Person, sondern an meinen PC bzw. an meine URL adressiert waren. Das bedeutet, sie gingen an eine bestimmbare (URL) aber nicht an eine bestimmte Adresse (die private Hausadresse). Das ist ein wichtiger Unterschied! Es gibt übrigens auch Programme zu kaufen, die verhindern, dass die URL identifiziert werden kann. Aber, wie gesagt, ich bin da eher nonchalant. Es stört mich zum Beispiel auch nicht, wenn meine Schuh- oder Körpergröße bekannt sind. Schwierig finde ich es allerdings, wenn Daten in bestimmten Kontexten verknüpft werden. Angenommen ich wöge (was ich nicht tue) 100 kg und diese Information wird damit verknüpft, dass ich nach Bluthochdruck-Medikamenten im Internet suche. Eine solche Information ist unter Datenschutzgesichtspunkten schon wesentlich kritischer zu sehen. Das Datenschutzrecht berücksichtigt diesen Kontext übrigens noch nicht. Das würde ich mir anders wünschen. Insofern sehe ich auch das „cross-scripting“ als sehr kritisch an und würde hier gerne öfter mal die Datenschutz-Reißleine ziehen!

Zum Abschluss noch eine private Frage: Sie beschäftigen sich beruflich sehr viel mit dem Thema Internet. Sind Sie in Ihrer Freizeit auch gerne im Netz unterwegs (wenn ja, wozu nutzen Sie es?) oder sind Sie dann lieber offline?

Ich bin kraft meines BITKOM-Amtes ja fast verpflichtet, mich regelmäßig im Internet zu bewegen. Ein intensiver Nutzer sozialer Netzwerke bin ich allerdings nicht. Das Internet nutze ich in meiner Freizeit vor allem zur Informationsbeschaffung, um zum Beispiel online eine deutsche Tageszeitung zu lesen oder auch auf Wikipedia schnell etwas nachzusehen. Und ich nutze das Internet auch als Online-Shopper sehr gerne, weil ich es zeitlich nicht schaffe zu den üblichen Geschäftsöffnungszeiten einkaufen zu gehen. Aber bei der Nutzung der Segnungen von Social Media & Co. bin ich, wie schon gesagt, eher zurückhaltend.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

März 2014

Anmerkung der Redaktion: Der Film zum Einprägen von Passwörtern ist tatsächlich sehr sehenswert.

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BITKOM; März 2014; Datenschutz

Dieter Kempf

Vorsitzender des Vorstands der DATEV eG, Präsident des BITKOM und Mitglied des Beirats des Vereins “Deutschland sicher im Netz”.